Die Stadt Dessau-Roßlau ist eine inhomogene Stadt. Die Auswirkungen des II. Weltkrieges haben das gewachsene historische Zentrum zerstört.
Die Innenstadt ist ein Konstrukt geworden, das in den Jahren nach 1990 nochmals zu strukturieren war. Neben den Entwicklungen der Innenstadt sind viele Umlandortschaften eingemeindet worden, ab 2007 auch die ehemals selbstständige Stadt Roßlau. Somit wurde Dessau-Roßlau eine Flächenstadt mit sehr unterschiedlichen Erwartungshaltungen und Interessenlagen.
Damit die Kommunikation der Bürger*innen untereinander und mit der Stadtverwaltung, sowie der kommunalen Politik besser funktioniert, wurden Beteiligungskonzepte diskutiert und eingerichtet.
Die Bürger*innen wünschten sich bei der Umsetzung von Projekten eine stärkere Einbeziehung. Die vorzeitige Einbeziehung der Bürger*innen hat gezeigt, dass Konfliktfälle zu verhindern sind und dass das Interesse an der städtischen Entwicklung zunimmt.
Neben reinen Informationsveranstaltungen der Verwaltung, wo Studien und Potenziale vorgestellt werden, gibt es auch Planungswerkstätten, wo mit Bürgerbeteiligung Projekte und entsprechende Planungen entwickelt werden. Ein Expertenrat sorgt für die fachliche Begleitung. Sämtliche Diskussionen bei Infoveranstaltungen und in Planungswerkstätten werden extern moderiert.
Die im Jahr 2016 eingeführten Stadtbezirksbeiräte waren ein wichtiger Schritt, um neben den schon seit 1990 bestehenden Ortschaftsräten mehr Bürgerbeteiligung zu erhalten. Damit konnten zwar wohngebietsnahe Fragen intensiver beraten werden, aber es fehlt die Bürgerbeteiligung bei Entscheidungen zur städtischen Gesamtsicht und bei gesamtstädtischen Großprojekten.
Zwischenzeitlich hat die Stadt Dessau-Roßlau ein Online-Beteiligungsportal eingerichtet, wo alle Beteiligungsangebote übersichtlich dargestellt sind. Dort sind, für alle einsehbar, Informationen und Protokolle nachzulesen und die nächsten Termine aufgezeigt.
Weiterhin besteht eine Vorhabenliste aus der zu erkennen ist, bei welchen städtischen Vorhaben es Bürgerbeteiligung gibt. Auch die Bürgerschaft kann Vorschläge machen. Zum Schluss entscheidet der Stadtrat.
Vor jeder Bürgerbeteiligung wird ein Beteiligungskonzept erstellt. Inhalt sind Ziele, Zielgruppen, Vorgehen, Zeitraum und Ressourcen. Das Konzept kann unter dem jeweiligen Vorhaben auf dem Beteiligungsportal eingesehen werden. Eine Projektbegleitgruppe entwickelt das Beteiligungskonzept und schaut, ob im Beteiligungsprozess alles richtig läuft. Die Mitglieder der Gruppe setzt sich aus der Verwaltung, Mitglieder des Stadtrates, so wie je nach Thema Stadtteilakteure und Bürgerschaft zusammen. Der Beteiligungsbeirat bewertet die Bürgerbeteiligung und entwickelt das Regelwerk der Bürgerbeteiligung weiter. Zudem entscheidet er, ob und wann die Bürgerschaft und Experten*innen dazu kommen. Beiratsmitglieder sind Vertreter der Verwaltung, Stadtratsmitglieder, Bürgerbeteiligungsexperten*innen sowie Vertreter der Bürgerschaft. Kommunikation ist für Bürgerbeteiligung sehr wichtig. Passende Kommunikation sorgt dafür, dass die Übergabe von der Bürgerschaft (Entwicklung von Ideen) zur Verwaltung (Prüfung der Ideen) und von dort zum Stadtrat (Entscheidungsträger) funktioniert. Im Beteiligungsportal sind alle wichtigen Dokumente hinterlegt. Stadtratsentscheidungen kann man auf der Internetseite der Stadt und im Beteiligungsportal nachlesen.
Der Beirat ist so zusammengesetzt, dass verschiedene Perspektiven, die bei Beteiligung an Projekten und Prozessen der räumlichen Stadtentwicklung wichtig sind, zusammengeführt und bei der Beratung innerhalb des Gremiums berücksichtigt werden. Gleichzeitig soll er mit der Anzahl seiner Mitglieder als Gremium arbeitsfähig sein.
Der Beirat ist zusammengesetzt aus Vertretern der Verwaltung, der kommunalen Politik, aus der Bürgerschaft, ggf. aus Interessen-vertretern von aktiven Initiativen, Vereinen und Verbänden, die im Bereich der Stadtentwicklung tätig sind. Dabei sind aus den verschiedenen Clustern “Wirtschaft“, „Soziales“, „Zivilgesellschaft“, „Fachöffentlichkeit“, „Menschen mit Behinderung“ und „Organisation von Migrantinnen und Migranten“ jeweils Vertreter*innen zu benennen. Interessierte Organisationen können sich für einen Sitz im Beirat bewerben. Weiterhin werden jeweilige Fachleute hinzugezogen.
Die Aufgabe des Beirates ist es, über die Vorhabenliste, Beteiligungsverfahren, die Einbindung von Projektbeiräten und die Evaluierung der Leitlinien zu befinden.
Der Beirat arbeitet in folgender Arbeitsweise:
Er hat eine Geschäftsordnung, die den Arbeitsprozess regelt. Einberufen wird der durch einen Beschluss des Stadtrates. Der Beirat kann für die eigene Koordination eine Sprecher*in bzw. ein Team wählen. Die Arbeitstreffen finden in einem regelmäßigen Rhythmus (z. B. einmal im Quartal) statt. Bei Bedarf können außerordentliche Sitzungen einberufen werden. Beschlüsse haben einen empfehlenden Charakter. Dabei wird eine Einvernehmlichkeit angestrebt. Ist dies nicht möglich, gilt das Prinzip der einfachen Mehrheit. Sämtliche Protokolle des Beirates sind öffentlich zugänglich. Die Amtszeit beträgt mindestens 2 Jahre. Nach maximal 3 Jahren werden die Mitglieder des Beirats neu berufen. Jede zweite Sitzung des Beirats findet öffentlich statt. Auf den öffentlichen Sitzungen sollen sich in einem dafür vorzusehenden Zeitrahmen auch Personen mit Wortbeiträgen beteiligen können, die nicht Mitglieder des Beirats sind.
Beitrag: Robert Hartmann