Der Vorteil an Brückenbauten ist, dass sie Wege verkürzen oder uns sicher auf eine andere Seite kommen lassen. Leider haben die Brücken aber auch Nachteile, z.B. dass sie instandgehalten und irgendwann mal erneuert werden müssen und das kostet Geld, viel Geld natürlich, Zeit und Nerven.
Und da ist man schon am Dilemma des Stadtteils Roßlau. Eingekeilt zwischen der Elbe und den Bahnschienen sind Brücken für das Leben und Arbeiten am nördlichen Elbufer von entscheidender Bedeutung. Ein halbes Jahr Baustelle Elbbrücke, ein halbes Jahr Vollsperrung Streetzer Brücke folgten auf eine 80-wöchige Sperrung des Meinsdorfer Tunnels.
All das hat den Roßlauer Bürgern, Arbeitnehmern, Selbstständigen, Händlern und Firmen schon einiges abverlangt. Und auf all das, folgte im vergangenen Herbst die halbseitige Sperrung der Zerbster Brücke. Wieder sind es teils lange Umwege, welche Autofahrer zurücklegen müssen. Und das Schlimme daran, die jetzige Situation war absehbar. Nicht erst seit letztem Jahr, auch nicht erst seit 5 Jahren. Nein, eigentlich bereits seit den Nuller Jahren.
Wohl schon seit den 80zigern wird über eine Umgehungsstraße für Roßlau philosophiert. Zuletzt war sogar klar, dass ein Neubau einer Umgehungsstraße nicht mehr vor dem unweigerlich kommenden Lebensende der Zerbster Brücke fertiggestellt sein würde.
Aber es bliebt bei der Vogel-Strauß-Methode, Kopf in den Sand und abwarten. Die Brücke stammt schließlich von 1932 und es gibt viele Bauwerke aus Stahl und Beton welche viel länger halten als 90 Jahre, also warum nicht auch unsere Zerbster Brücke?
Das Problem ist ja nicht, dass die Brücke akut einsturzgefährdet wäre, nein, problematisch ist, dass Teile vom Unterbau der Brücke auf die darunterliegenden Bahnschienen fallen. Also wurde sich in Windeseile ein notdürftiges Provisorium überlegt, welches unter die Brücke montiert werden sollte. Eine 4-wöchige Vollsperrung und eine noch größere Umleitungsversion wurde entworfen, eingerichtet und in Betrieb genommen, um dann von der Deutschen Bahn eine Absage, weil zu kurzfristig, an dem geplanten Termin zu erhalten. Eigentlich sollte man meinen, dass auch die Bahn ein Interesse daran hätte das ihr keine Brückenteile auf den Kopf, bzw. die Gleise fallen, denn sowas geht meistens schlecht für ein Schienenfahrzeug aus.
Aber ein paar Lichtblicke gibt es mittlerweile. Das Land Sachsen-Anhalt stellt aus dem Haushalt 2024 eine kleine Summe von 8 Mio. Euro für einen Brückenneubau zur Verfügung. Die finanzielle Hauptlast wird jedoch die Stadt Dessau-Roßlau stemmen müssen und das bei ihrer klammen Haushaltslage.
Auch hat die letzte Untersuchung der Brücke hat vorerst keine Verschlechterung ergeben, sodass jetzt überlegt wird, die Brücke wieder in beiden Richtungen befahren zu lassen, jedoch nur für den PKW-Verkehr. LKWs müssten dann in beiden Richtungen Umleitungen in Kauf nehmen, zu Lasten der oftmals schmalen, schlecht ausgebauten Nebenstrecken, wie bspw. den Streetzer Weg.
Zu wünschen wäre es den Händlern, welche nördlich der Bahnstrecke ihre Geschäfte haben, wenn die Konsumenten wieder leichter oder vielmehr mit kürzerer Strecke zu ihnen finden. Der aktuelle dauerhafte Umsatzrückgang in den Märkten bedeutet sowohl für die Unternehmer als auch für die Angestellten finanzielle Einbußen.
Nur an eines muss sich der Autofahrer, der von Dessau nach Zerbst oder Magdeburg fahren möchte, dann wieder gewöhnen, die minutenlangen Wartezeiten vor den Bahngleisen am Bahnübergang Rodleben/Tornau. Da sind wir also wieder bei der geplanten Ortsumfahrung Roßlau, aber das ist dann wieder ein anderes Thema …
Text: Jan Mußmann